Don Giovanni - Schedule, Program & Tickets

Don Giovanni

"Woher hast du die wahnsinnigen Rechte genommen, denen du dein Leben verschrieben hast?“, fragt George Sand den Legendären. Gottfried Benn vertraut er beiläufig an: „Mir träumte einmal, eine junge Birke schenkte mir einen Sohn.“ Keine andere Kunstfigur der Neuzeit hat mehr publizistische Aufmerksamkeit erfahren als Don Juan, jener „Verführer von Sevilla“, der 1613 aus der Feder eines spanischen Mönchs floh. Nur sieben Jahre jünger als sein Landsmann Don Quijote bahnt er sich seither seinen Weg durch Dramen, Epen, Romane und Opern, geistert über Kinoleinwände und Plasmabildschirme. Vor wechselnden moralischen Hintergründen prahlt er – Mahnmal und Ikone – mit seiner berühmten Liste, angelegt gegen den Tod, den er als steinernen Schatten wirft. „Mein soll die Hölle sein!“, hörte ihn Lord Byron sagen.

Ein schneidender Akkord eröffnet am 29. Oktober 1787 im Gräflich Nostizschen Nationaltheater in Prag unter der Leitung des Komponisten die Ouvertüre zu einem Dramma giocoso über den Todeslauf von DON GIOVANNI. In der Geschichte des Musiktheaters ist dieser Augenblick nachträglich mit dem Urknall zu vergleichen. Um sich in die Figur des zügellosen Wüstlings und Gotteslästerers versetzen zu können, musste sich Textdichter Lorenzo da Ponte immer wieder durch Flirts mit der Tochter seiner Wirtin in Stimmung bringen. Mozart selbst, im Jahr zuvor mit seinem FIGARO erfolgreich, komponiert für 1000 Gulden Gage unter großem Zeitdruck. Die Ouvertüre wird erst am Tag der Uraufführung um 7 Uhr abends fertig. Einen „Blitz“ sieht Søren Kierkegaard, der „aus dem Dunkel der Wetterwolke sich löst, unsteter als dieser und doch ebenso taktfest. Höre der Leidenschaft zügelloses Begehren, höre das Rauschen der Liebe, höre das Raunen der Versuchung, höre den Wirbel der Verführung, höre des Augenblicks Stille – höre, höre, höre Mozarts Don Juan!“

Die Höllenfahrt, zu der der Archetyp sittlicher Verwerflichkeit bislang verurteilt war, fährt ihm diesmal als Seele ein. Für sein Ende wird zwar die ganze abendländische Metaphysik bemüht, doch bestätigt es nicht mehr allein die Gerechten in ihrer Entrüstung, sondern stiftet Betroffenheit. Die Freiheit, die der Libertin wider die verordnete Demut preist, macht ihn an der Schwelle zur Französischen Revolution zum anarchischen Prototyp. In seiner Zügellosigkeit, als Lebensentwurf aus dem Diktat der Hormone geschält, können sich triebhafte Sehnsüchte und Selbstverwirklichungsphantasien nachfolgender Generationen spiegeln.

Das 19. Jahrhundert wird ihn mit Faust verschwägern, um ihn dann sinnbeschwert der Psychoanalyse zu überlassen. Julia Kristeva ortet in ihm den „Sohn einer Mutter, die bei ihrem Gatten zur Träumerin wird und an ihren Kleinen weitergibt, er möge alle Frauen so erobern, wie keiner sie selbst je erobert hat“. Dass er traurig sein könnte, hält Albert Camus für unwahrscheinlich. Wie das „Lachen, die sieghafte Frechheit, das Sprunghafte“, das zutiefst Irdische, das der französische Philosoph an ihm diagnostiziert, doch täuschen kann! – Mit D.H. Lawrence sinniert der Ruhelose: „Wo gibt es Frieden für mich? Das Mysterium muss in mich verliebt sein …“

Was treibt den Verführer durch die Schlafzimmer der Jahrhunderte? Was jagt den Jäger? Wer ist dieser Mann, der immer nur bedeutet, wirklich?

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