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Das verratene Meer

BESETZUNG 09/2021
Musikalische Leitung
Simone Young
Inszenierung
Jossi Wieler
Sergio Morabito
Bühne und Kostüme
Anna Viebrock
Ko-Bühnenbildner
Torsten Köpf
Licht
Phoenix
Fusako Kuroda
Vera-Lotte Boecker
Noboru/"Nummer Drei"
Josh Lovell
Ryuji Tsukazaki
Bo Skovhus
"Nummer Eins", der Anführer
Erik Van Heyningen
"Nummer Zwei"
Kangmin Justin Kim
"Nummer Vier"
Stefan Astakhov
"Nummer Fünf"
Martin Häßler

›Er‹ ist Seemann, Schiffsoffizier bei der japanischen Handelsmarine, ›sie‹ ist eine reiche, schöne, junge (wahrscheinlich Krieger-) Witwe. Die beiden verlieben sich natürlicher- und middle class gemäßer Weise ineinander. Er will deswegen sogar banaler Weise abmustern und sie heiraten – wer aber dagegen ist, intensiv und mit Hass und Verachtung und aus verschiedenen kindlich-pubertären Gründen, das ist Noboru, Madame Fusakos halbwüchsiger Sohn.« So umreißt Hans Werner Henze (1926–2012) die Ausgangssituation seiner 1990 uraufgeführten Oper Das verratene Meer.

Mit der Wahl des Sujets folgt Henze seiner Faszination für das Schaffen des enfant terrible der japanischen Nachkriegsliteratur Yukio Mishima (1925–1970), dessen Roman Gogo no Eiko (auf Deutsch erschienen unter dem Titel Der Seemann, der die See verriet) der Oper zugrunde liegt. Dieser Roman entwirft, wie nahezu alle Schöpfungen dieses Autors, ein klaustrophobes Szenarium der Ausweglosigkeit, in dem das Ringen um Normalität zum Scheitern verurteilt ist: Die Spannungen des Figurendreiecks werden im grauenhaften Lynchmord einer Jugendbande eskalieren.

Die nahezu gleichaltrigen Künstler Henze und Mishima teilten die Traumatisierung durch faschistische Systeme, deren Zusammenbruch bei beiden eine geradezu entfesselte künstlerische Produktion freisetzte, sie aber auch auf Extrempositionen des politischen Spektrums katapultierte, wie sie gegensätzlicher kaum denkbar sind: Henze trat der Kommunistischen Partei Italiens bei, Mishima wurde zum ultranationalistischen Revisionisten, der nach einem gescheiterten Putschversuch den rituellen japanischen Freitod starb.

Seinen sehr besonderen Standpunkt zwischen Tradition und Avantgarde hat Henze einmal mit Bezug auf das Theater formuliert: »Theater, genau wie Musik, muss immer wieder neu erfunden werden und lebt doch von Jahrhunderten der Erfahrungen, die uns befeuern, herausfordern, um sich zerstören zu lassen, um uns zu steigern, anzutreiben. Nichts wird ausgerichtet mit der gekonnten Form, der gelungenen Formulierung …, aber auch nichts mit Verneinung, Entsagung, Enthaltung, aber alles kann ausgerichtet werden durch Entäußerung, ungeachtet der Folgen, ungeachtet des Gelächters der Altklugen.« Seine freitonale Partitur knüpft an musikdramatische Gestaltungsprinzipien in der Tradition eines Richard Strauss an. In sie eingebettet ist eine hochdifferenzierte Sprachregie, die vom Schönberg’schen Sprech- bis zum Koloraturgesang alle stimmlichen Register zieht. Neben Geräuschklängen integriert der Komponist – anknüpfend an Verfahrensweisen Alban Bergs – auch Elemente der Unterhaltungs- und Tanzmusik.

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